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Einleitung
Die Begriffe Freiheit, Empörung und «ich bin geschockt» werden heute in vielen Situationen laufend lauthals verwendet. Auch die seriöse westliche Presse ist mehr und mehr bei vielem «empört»
und «geschockt». Obwohl sie vorgibt, neutral und ausgewogen zu berichten, kann sie es nicht lassen, vorwiegend Nachrichten mit einem negativen Unterton zu vermitteln - bei den positiven Botschaften sind sie zurückhaltend. Dies führt über
die Zeit zu einer Misstrauens-Stimmung und zu Pessimismus in der Bevölkerung.
Die Entwicklung der individuellen Freiheit habe ich im Aufsatz vom April 2020 aus der Sicht der Entwicklung der Staatsformen und der Veränderungen der Anforderungen an den Staat behandelt. Wenn ich jetzt nochmals auf das Thema Freiheit komme, dann betrachte ich die Situation von der gesellschaftlichen Seite. Ich fasse die Begriffe «Freiheit, Empörung und geschockt» zusammen, weil der einzelne einerseits immer mehr individuelle Freiheiten gegenüber der Gesellschaft und dem Staat fordert oder sie sich einfach nimmt; andererseits ist die gleiche Person empört oder geschockt, wenn eine andere Person oder Gruppe für sich andere Freiheiten herausnimmt und für sich etwas anderes fordert. Empörung und geschockt sind für mich «Unwörter» geworden. Dass man persönlich zum Wohle der Gesamtgesellschaft etwas beitragen will, ist oft nicht mehr gegeben und auch nicht beabsichtigt. Unter diesem Vorzeichen müsste man mindestens erwarten können, dass sich der einzelne mit seinen Ansprüchen zufrieden gibt und nicht gleichzeitig mit seinem Handeln unnötige Spannungen im persönlichen Umfeld und in der Weltgemeinschaft zu erzeugt.
Beginnen wir mit einer Definition des Begriffs Freiheit
Freiheit wird in der Regel als die Möglichkeit verstanden, ohne Zwang zwischen unterschiedlichen Möglichkeiten auszuwählen und entscheiden zu können.
Der Begriff benennt in Philosophie, Theologie und dem Recht der Moderne allgemein einen Zustand der Autonomie einer Person (eines Subjektes).
Ein Meilenstein bei der Definition des modernen Freiheitsbegriffes in der Philosophie setzte Thomas Hobbes (1588–1679).
Hobbes verstand Freiheit als Willkürfreiheit: Frei ist, wer tun kann, was er will, und daran von anderen nicht gehindert wird. Dieses Freiheitsverständnis hat man auch negative Freiheit genannt: Freiheit ist Unabhängigkeit von äusserlichen
Zwängen. In der Folge gab es in der Philosophie noch viele komplexere Erklärungen für den Begriff, zum Beispiel auch von Kant.
Und heute? Nach dem modernen Verständnis heisst frei sein nicht nur, tun können, was man will, sondern
tun können, was man wirklich will. Wenn Freiheit nämlich nur hiesse, tun zu dürfen, was man wünscht, so bliebe die Frage offen, woher diese Wünsche ihrerseits stammen. Wahre Freiheit – so der Gedanke – kann nicht nur äusserlich
eingeschränkt, sondern auch durch die Internalisierung von Motiven beschädigt werden, die nicht zu dem passen, was uns eigentlich als Individuen ausmacht. Freiheit als Selbstverwirklichung beruht auf zwei Annahmen: dass es erstens einen Unterschied
zwischen selbstbestimmten und fremdbestimmten Handlungen gibt, aber zweitens auch einen Unterschied zwischen authentischen Wünschen und solchen, die uns von unserem "wahren Selbst" entfremden.
Die Aufklärung hat in Frankreich die Schlagworte
«Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit» geschaffen. Die Werte standen damals gleichwertig da. In der westlichen Gesellschaft sind die Werte aus dem Gleichgewicht geraten. Unter Freiheit versteht man nur noch die persönliche individuelle
Freiheit für sich oder seine Gruppe (Buddys), wie auch die obige moderne Umschreibung suggeriert. Die Gleichheit und Brüderlichkeit gegenüber der Gesellschaft ist zu einem Forderungsanspruch degradiert worden. Die kleinste gefühlte Abweichung
wird sofort als Ungerechtigkeit bezeichnet und eine Korrektur wird eingefordert. Die Gesellschaft ist nur noch da, um für die individuelle Freiheit zu bezahlen. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass man erwartet, dass einem von der Gesellschaft und
auf deren Kosten geholfen wird, sich aus einer misslichen Lage zu befreien, wenn man sich durch die extreme Nutzung der individuellen Freiheit verrannt und sich in eine finanzielle, gesundheitliche oder rechtliche Notlage gebracht hat. Nur dann erinnert man
sich an Gleichheit und Brüderlichkeit. Die Gesellschaft wird als zu einer Vollkaskoversicherung, für die man keine Beiträge bezahlt, die den eingegangenen Risiken entspricht.
Der Begriff «Recht auf …» wird überall
inflationär verwendet.
Dafür gibt es unzählige Beispiele. Hier nur einige wenige:
Wie weit geht die persönliche Freiheit?
Einfach
gesagt, die persönliche Freiheit endet an dem Punkt, an dem man die Freiheit anderer beschränkt. Dies ist aber einfacher gesagt als getan. Bei den heutigen vielfältigen Verflechtungen ist es oft schwierig, beim Aufeinanderprallen von Freiheitsansprüchen
eine vernünftige Grenze zu bestimmen. Es erfordert deshalb aus meiner Sicht einige individuelle Zurückhaltung und Kompromissbereitschaft.
Einerseits definieren die Gesetze und Regeln des Staates auf allen Ebenen solche Grenzen.
Anderseits
setzen nach meinem Verständnis nicht nur die Gesetze Grenzen, sondern auch die Moral und der Anstand. Für mich stehen der Freiheit immer auch Verpflichtungen und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft entgegen. Aus meiner persönlichen
Sicht ist in der westlichen Kultur der Einzelne zu egoistisch geworden und vernachlässigt die Bedürfnisse anderer Gesellschaftsteile. Aus einer anderen Perspektive habe ich dieses Thema in meinem Aufsatz Demokratie schon angeschnitten.
Nun
einige Gedanken zu einigen der Freiheiten in mehr Detail.
Demonstrationsfreiheit
Die meisten Staatsverfassungen kennen mindestens ein Versammlung- und Demonstrationsrecht in einer gewissen Form. Grössere öffentliche
Versammlungen und Demonstrationen sind gemäss den Gesetzen bewilligungspflichtig. Die Bewilligung wird in der Regel mit räumlichen, zeitlichen und weiteren Auflagen erteilt. Die öffentliche Hand hat dabei die Aufgabe, die Bedürfnisse der
übrigen Bürger zu berücksichtigen und die Ordnung für alle Bürger während der Veranstaltung zu sichern.
Die Anzahl der Demonstrationen im zentralen öffentlichen Raum nimmt immer mehr zu, siehe auch den Beitrag im Tagesanzeiger
vom 30. Nov. 2019 unter dem Titel: Städte ächzen unter Demo Flut https://www.tagesanzeiger.ch/sonntagszeitung/staedte-aechzen-unter-demoflut/story/26655256.
Dieser Artikel zeigt einen Bereich, in dem viele verschieden Freiheiten und Bedürfnisse zusammentreffen und ein vernünftiger und sinnvoller Interessensausgleich gefunden werden muss.
Das Ziel einer Demonstration ist oder sollte sein,
seine Meinung und Weltanschauung öffentlich kund zu tun, oder für seine Ideen zu werben. Dabei dürfen andere Freiheiten nicht eingeschränkt oder nur schwach gestört werden.
Für mich besteht deshalb für Demonstranten
kein Recht auf:
Das heisst Demonstrationen sollen im
Wesentlichen auf zurzeit nicht anders genutzten oder schwach genutzten Flächen (Plätzen, Parks) und nicht intensiv genutzten Strassen durchgeführt werden.
Für mich sollten auch die Verantwortlichkeiten innerhalb der Demonstration
klar definiert werden. Ein Veranstalter ist für alle Teilnehmer verantwortlich und kann sich nicht auf den einfachen Standpunkt stellen, für die «Chaoten» seien sie nicht verantwortlich. Ein Unternehmen muss auch für alle Fehler
seiner Mitarbeiter einstehen und kann sich nicht von Schäden, die diese angerichtet haben, distanzieren. Bei einer Demonstration heisst es für mich, mitgegangen ist auch mitgehangen.
Der Staat soll bei einer bewilligten Demonstration für
die Kosten für eine normale Überwachung und Verkehrskontrolle, Signalisierung, etc. aufkommen. Für Schäden und Kosten, die bei Veranstaltungen entstehen, weil die Veranstaltung vom gegebenen Rahmen stark abweicht oder die Demonstration
aus dem Ruder läuft, soll der Veranstalter, die Mitorganisatoren und die direkten Verursacher sich verantworten müssen und dafür aufkommen. Dies müsste auch für die Sportveranstaltungen mit Hooligans gelten. Die Vereine und Verbände
weigern sich Verantwortung zu übernehmen.
Rechtsfreie Räume können von einem Staat nicht toleriert oder zugelassen werden. Es entsteht sonst der Effekt, immer einen Schritt weiter ins Gesetzlose zu gehen und sich der Anarchie zu nähern.
Leider haben sich auch wieder in den letzten Jahren die Demonstrationen in der Schweiz und noch stärker im Ausland (Frankreich, Deutschland, USA, Hongkong) aus dem geregelten Bereich heraus entwickelt. Es entstehen “Schlachten” zwischen den staatlichen Ordnungsorganen und Demonstranten. Diese dauern manchmal über Tage oder Wochen. Mindestens Teile der Zivilgesellschaften glauben, der Staat, vertreten durch die Polizei, sollte viel kulanter sein und auch gröbere Gesetzesverstösse tolerieren, um noch grössere Zerstörungen zu verhindern. Dieser Ansicht kann ich mich nicht anschliessen; damit verlassen wir den Bereich einer regel- und gesetzesbasierten Gemeinschaft.
Die Berichterstattung erfolgt oft einseitig pro
Demonstranten, die Polizei wird als die “Bösen” dargestellt. Dass unter dem grossen Stress teilweise übertriebene Härte angewendet wird, ist zwar ein Fakt, wird aber in den meisten Fällen durch massive Provokation und Verstösse
gegen den bewilligten Rahmen ausgelöst.
Die Gemeinschaften sollen sich, wenn immer möglich, evolutionär innerhalb des gesetzlichen Rahmens weiterentwickeln. Insbesondere haben Demokratien Regeln geschaffen, wie dies möglich
ist.
Revolutionen finden ausserhalb des bestehenden ordentlichen staatlichen Rechtsraumes statt. Eine Revolution ist eine ungeregelte Machtprobe, die schnell oder nach langwierigen (teilweise über Jahrzehnte) Auseinandersetzungen, unblutig oder
blutig, zu einem Sieger führt. Ein Ausgang ist selten vorherzusehen. Dazu gibt es auch in jüngerer Zeit viele Beispiele.
Das allgemeine Widerstandsrecht, Revolutionsrecht, ist eher ein Thema der Philosophie und beruht nicht auf verbrieftem
Recht. Das Risiko, dass man mit seinem Leben, seiner Gesundheit, seinem Vermögen bezahlt, gehört auf jeder Seite dazu.
Deutschland kennt ein Widerstandsrecht in der Verfassung. Artikel 20 des Grundgesetzes Abs. 4 garantiert jedem Deutschen das Recht, gegen jeden Widerstand zu leisten, der es unternimmt, die dort in Abs. 1 bis 3 niedergelegte Verfassungsordnung zu beseitigen (und ausschliesslich in diesen Fällen), wenn eine andere Abhilfe nicht möglich ist. Die meisten Verfassungen kennen kein verbrieftes Widerstandsrecht.
Für Bewegungen, die über den Rahmen der eigenen Staatsverfassung hinaus aktiv werden, gibt es kaum noch einen Rechtsrahmen. Für Revolutionen und Bürgerkriege kann man im besten Fall das internationale Kriegsrecht (Genfer- und Haager Abkommen), das ein Teil des Völkerrechts ist, zu Hilfe nehmen. Dieses wurde im Wesentlichen für militärische Konflikte geschaffen. worden sind. Das Genfer Abkommen regelt die Situation der Zivilbevölkerung in militärischen Konflikten und der nicht mehr kämpfenden Truppe (Verletzte, Gefangene, solche die sich ergeben haben), das Haager Abkommen definiert, welche Waffen, Handlungen und Techniken im Krieg geächtet sind. Die Bereiche Untergrundkämpfer, nicht formelle Armeeangehörige, Spione, Terroristen fallen in einen mehr oder weniger nicht geregelten Bereich.
Meinungsfreiheit
Das Thema Meinungsfreiheit im menschlichen Zusammenleben ist noch anspruchsvoller. Meinungsäusserungen
verletzen oft die Integrität einer Person oder einer Gruppe von Personen. Es steht also die Meinungsfreiheit der Menschenwürde entgegen. Im deutschen Grundgesetz steht als erster Punkt der Grundrechte: «Die Würde des Menschen ist unantastbar».
In der Schweizer Bundesverfassung steht unter Punkt 2 Rechte, Artikel 7, Menschenwürde: «Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen».
Mit seiner Meinung oder seiner Aussage darf man also die Würde eines Menschen
nicht verletzen. Man darf eine Meinung zu einer Handlung eines Menschen und zu Sachthemen äussern, aber der Person nicht die Würde nehmen.
Die Würde eines Menschen wird auch durch die Kultur, die Religion, die Gesellschaft, in der er lebt,
definiert. Das heisst, die Würde wird weltweit unterschiedlich verstanden.
Dies führt in der heutigen globalen Welt dazu, dass die Hürden im praktischen Leben viel höher und auch anspruchsvoller gesetzt worden sind. Mit der globalen
Vernetzung gibt es die «Diskussion in der Familie oder am Stammtisch» kaum mehr. Alle Informationen sind schnell weltweit verbreitet, einsehbar, hörbar, und können die Würde des Menschen irgendwo verletzen.
Eine Aussage darf
deshalb auch die Würde des Menschen in einer anderen Kultur, Religion, Rasse, Weltanschauung nicht verletzen.
Ich darf meine Meinung über die Handlung von Personen und Sachthemen in einer "anständigen" Sprache kundtun. Ich muss aber auch
die Meinung anderer zulassen, sofern sie mit Anstand vorgetragen wird. Diesem Grundsatz widerspricht der heutige Trend, nur Meinungen im Mainstream zuzulassen.
Spezielle Rücksicht ist geboten im Umgang mit anderen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen,
mit denen man nicht vertraut ist. Meine Empfehlung ist es deshalb, sich beim Kommentieren von Ereignissen, die dem eigenen Lebensbereich, der eigenen Lebenserfahrung und kulturellen Kompetenz fern liegen, zurückzuhalten.
Verschiedene Regionen
unterscheiden sich nicht nur durch die Sprache, sondern auch durch das kulturelle Verständnis vom Zusammenleben und von der Art der zwischenmenschlichen Kommunikation. Dieser Tatsache tragen viele Kommentare zu Zeitungsartikeln keine Rechnung. Man lässt
sich lauthals über Themen aus, ohne eine Ahnung vom kulturellen Umfeld zu haben.
Hier zwei Beispiele:
In Japan und China sagt man nie «Nein», sondern man umschreibt die Situation in einer Form, dass der Diskussionspartner versteht,
dass man nicht einverstanden oder anderer Meinung ist.
In den USA braucht es eine enge Vertrautheit, um politische Themen anzusprechen.
Wir «Germanen» haben die Eigenschaft, sehr rasch lauthals mit der Türe ins Haus zu fallen.
Im multikulturellen Umfeld ist es schwierig und anspruchsvoll geworden, satirische Beiträge zu publizieren. Kulturell und sprachlich führen solche oft zu Missverständnissen, Ärger und unschönen Kämpfen, denken wir nur
an die Mohammed-Karikaturen. Beschränken wir uns doch auf die eigene Kultur!
Meinungsfreiheit und «Fake News» ist für mich ein heikles Thema. Darf man unter dem Schirm der Meinungsfreiheit offensichtliche Falschinformationen
verbreiten und damit Unruhen und Fehlentscheidungen in der Gesellschaft auslösen, die oft eine unwürdige Spirale auslösen? Es ist mir klar, dass es kaum möglich ist, dafür vernünftige Grenzen zu definieren. Ich sehe es daher als
Aufgabe der Presse und der Informationsplattformen, den «Fake News» nicht eine grosse Bühne zu bieten - also keine Schlagzeilen, vielleicht gar auf der Titelseite, sondern so weit wie möglich ignorieren. Leider führen aber der Sensationsdrang
und der Zwang Geld zu verdienen oft dazu, diese Eye Catcher zu verwenden. Die Berichterstattung zur aktuellen Covid-19 Pandemie ist ein Beispiel dafür.
Handlungsfreiheit
Demonstrationsfreiheit und Meinungsfreiheit heisst
aber nicht Handlungsfreiheit. Dies scheint teilweise verwischt zu werden. Man darf demonstrieren und seine Meinung öffentlich kundtun. Veränderungen, die man fordert, sind innerhalb der vorhandenen politischen Prozesse herbeizuführen. Die Politik
und die Gesellschaft müssen für die Gesamtgesellschaft ausgewogene Lösungen finden. So wie Selbstjustiz nicht zulässig ist, ist handeln ausserhalb des bestehenden gesetzlichen Rahmens auch nicht rechtens. Dies wird von Teilen der Gesellschaft
nicht akzeptiert. Einzelne Gruppen greifen zur Selbstjustiz. Beispiele gibt es viele: Tierschützer, die Tiere gewaltsam befreien, Demonstranten, die Firmen in ihren betrieblichen Abläufen stark behindern, Aktivisten, die Häuser besetzen, Verkehrswege
blockieren oder Versuchspflanzungen zerstören etc.
Mich stören die Geduld und die Nachsicht, die der Staat gegenüber den Gesetzesbrechern oft zeigt.
Pressefreiheit
Was oder wer die Presse ist, war schon
immer schwer zu definieren, und durch die heutigen technischen Möglichkeiten sind Abgrenzungen noch schwieriger geworden. Gehören Blogger, Influencer, Whistleblower, Hobby-Journalisten, … auch zu den Presseleuten, die den gesetzlich definierten
Rechtsschutz für sich in Anspruch nehmen können? Die meisten diesbezüglichen Gesetze lassen an sich einen grossen Spielraum zu. Es sind die Berufsverbände, die über Zugehörigkeiten bestimmen und nach eigenen Regeln Presseausweise
herausgeben. Rechtlich sind die Definitionen schwammig.
Was zur persönlichen Meinungsfreiheit gilt, sollte auch für die Presse gelten - wobei die Presse als Profi-Informationskanal und öffentliches Meinungsbildungsgefäss
sich höhere Standards geben sollte. Besonders ist auf die Wahrung der Privatsphäre zu achten.
Vor allem wir im Westen erwarten, dass mindestens noch eine kleine Privatsphäre für den Einzelnen bleibt. Die Presse nimmt sich aber mehr
und mehr das Recht heraus, über alles zu berichten - alles wird seziert und genüsslich als Skandal dargestellt. Bis vor einigen Jahren trennte die Presse wesentlich mehr zwischen Privatleben und öffentlichem Leben (Beruf, öffentliche Funktion).
Das Privatleben eines Politikers, Wirtschaftsführers, Wissenschafters war Tabuthema. Wenn heute eine Person einmal ins Visier der Presse kommt, wird ihr Leben komplett zerlegt. Da nützt dann auch der Hinweis nichts, dass noch nichts bewiesen und
die Person nicht verurteilt sei und man daher von der Unschuldsvermutung ausgehen müsse. Der Schaden ist bereits angerichtet.
Ich bin auch der Meinung, dass nicht alles ein öffentliches Gut ist oder dass die Öffentlichkeit alles aus dem
Privatleben, dem Berufs- und Geschäftsleben wissen soll. Es soll ein Recht auf Geheimhaltung geben, oder andersrum, es gibt kein Recht alles zu wissen. Bei sensiblen Angelegenheiten soll eine dafür bestimmte Aufsichtsinstanz die Einhaltung von Regeln
und Gesetzen überwachen und nicht die Öffentlichkeit. Unschöne Beispiele gab es in den letzten Jahren bei Professoren/innen. Obwohl die Universitäten Regeln und Vorgehensweisen haben, mischen Politik und Presse mit Halbwissen mit. Geheimdienste
heissen nicht nur so, sie sollen es im definierten Rahmen auch sein.
Die gleichen Kreise, die dafür kämpfen, dass der Datenschutz verstärkt wird, rufen oft am lautesten, dass alles an die Öffentlichkeit gezerrt werden soll. Wieder
das gleiche Muster wie einleitend erwähnt – die eigene Person will man geschützt haben, der andere soll aber keinen Schutz haben.
Auf dieses Dilemma im heutigen Datenschutz werde ich in einem nächsten Aufsatz zurückkommen. Der
globale Trend läuft weg von der Privatsphäre.
Schlusswort
Freiheit ist für jeden ein wertvolles persönliches Gut. Wir müssen deshalb sorgfältig und vernünftig damit umgehen. Je weiter ich
meinen persönlichen Freiheits-Zaun um mich erweitere, desto mehr komme ich in Konflikt mit den Zäunen meiner Mitmenschen.
Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass mit den heutigen modernen Kommunikationsmitteln nicht mehr viel privat ist, sondern vieles von vielen gehört, gelesen und weiterverbreitet werden kann. Ob wir wollen oder nicht, bei bald 10 Milliarden Menschen und den Fortschritten der Technik werden die individuellen Gärten kleiner werden.
Unüberlegte, unreflektierte oder falsche Informationen sind eine Gefahr für ein friedliches und wenn immer möglich harmonisches Zusammenleben von Gesellschaften, Nationen und Kulturen.
Zuviel überbordende Freiheit kann auch zu einer massiven Beschneidung der Freiheit in der Zukunft führen. Exzesse in einer Gesellschaft führen mittelfristig immer zu einer Gegenbewegung und Korrekturen.
Neueste Kommentare
20.05 | 16:23
Besser habe ich noch keine der vielen Erklärungen zur Blockchain Technologie und den Kryptowährungen berstanden als die obige! Vielen Dank - Ruedi
16.12 | 11:03
Lieber Bernhard - Hab Dank für diesen sehr Informativen Erfahrungsbericht! Vieles was Du beschreibst, deckt sich mit meiner eigenen Berufserfahrungen. Im In- sowie vor allem auch im fernen Ausland!
03.10 | 09:36
Super die Bilder und die Berichte. Wir verfolgen eure Reise mit Interesse. Einige Orte sind mir noch in bester Erinnerung.
Liebe Grüsse
Toni und Erika
02.10 | 08:00
Hallo zusammen. Wir lesen euren Blog mit viel Interesse da wir all die Orte auf unseren 4 Costa Rica 🇨🇷 Reisen kennengelernt haben. Ein wunderschönes Land mit prächtiger Natur. Gute Weiterreise. Lisbet