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In meinen zwei Artikeln Energie 1 und Energie 2 habe ich eine Übersicht über den globalen primären und sekundären Energiebedarf und die Situation bei der globalen Elektrizitätserzeugung gegeben. Auch habe ich den aktuellen globalen Stand bei der Elektrizitätserzeugung bei den neuen «alternativen» Energien dargestellt. Teil 2 beinhaltet auch eine Übersicht über die Energieverwendung. Als heutige Hauptherausforderung im Bereich der Energiewirtschaft nannte ich die Entwicklung der Greenhouse-Gase, in erster Linie CO2-Gase.
Ich stellte fest, dass der globale Energiebedarf in den nächsten Jahrzehnten weiter ansteigen wird - die Schwellen- und Entwicklungsländer und die zwei bis drei Milliarden zusätzlichen Menschen, die in den nächsten Jahrzehnten dazukommen, wollen auch einen komfortablen Lebensstandard. Die grosse Herausforderung ist, den CO2-Ausstoss massiv zu senken. Dies funktioniert nicht dadurch, dass die entwickelte Welt (weniger als 1 Milliarde Menschen) weniger Energie konsumiert, denn die anderen 8 bis 9 Milliarden wollen mindestens auch einen vernünftigen Lebensstandard erreichen und brauchen dazu viel neue Energie. Zudem entwickeln sich schnell viele neue energieintensive Anwendungen, z.B. Klimaanlagen in vielen Bereichen der 3. Welt im tropischen oder subtropischen Teil des Globus, Süsswassergewinnung durch Meerwasserentsalzung, Strom für all die neuen IT- Anwendungen und die zunehmende Automation.
Energieoutlook
Klar ist, der Weltenergiebedarf wird zunehmen, auch wenn Covid 19 für ein bis maximal drei Jahre die Wachstumskurve etwas bremst. Wenn man die heutigen Vorhersagen für 2020 bis 2040/50 analysiert, sieht man grössere Entwicklungs-Unsicherheiten als vor einem oder zwei Jahren. Beim globalen primären Energiebedarf werden heute oft die folgenden drei Szenarien dargestellt.
Mit den vielen aktuell global heute geplanten Programmen (Variante 1) kann der CO2 Ausstoss in etwa auf der heutigen Höhe gehalten werden. Für die Variante 2 und 3 gibt es zurzeit noch keine belastbaren Lösungsvorschläge. Ich gehe davon aus, dass mit weiteren Energie-Programmen noch weitere kleinere Verbesserungen möglich sind. Der Energiebedarf in den Vorhersagen für Afrika scheint mir zu tief, wenn man davon ausgeht, dass sich Afrika aus der Armut heraus entwickelt. Das ist zwingend, denn gelingt das nicht, kommen die Afrikaner nach Europa. Wie schon im Teil 2 erwähnt, muss sich die Welt realistischerweise auf eine Erhöhung um die 2,5 bis 3 Gradeinrichten.
Zur Illustration hier drei Grafiken aus dem BP Outlook 2020:
Die letzten beiden Grafiken zeigen einerseits, dass selbst im optimistischsten Szenario «Net Zero» bislang noch kein Weg an CO2-verursachenden Energiequellen vorbeiführt andererseits, dass Afrika und «other Asia» mit vielen bevölkerungsreichen Ländern (Indonesien, Philippinen etc.) ein unterproportionaler Energiekonsum zugestanden wird.
Tatsächlich ist noch ungewiss, wie der globale Energiemix in 30 Jahren aussehen wird. Was sich abzeichnet ist, dass der Anteil von Sonnen- und Windenergie von zurzeit noch unter 10 % vermutlich nicht über 50 % ansteigen wird. Ob dieses hohe Ziel im Westen überhaupt erreicht wird, hängt noch stark von der allgemeinen Akzeptanz der Wind- und Sonnenenergieanlagen sowie der damit benötigten Stromleitungen ab. Woher die anderen 50 % kommen sollen, ist offen, zumal es für eine konstante Energieversorgung eine Grundlast braucht, die mit Wind und Sonne nicht zu gewährleisten ist. Wenn man davon ausgeht, dass der künftige Energiebedarf vor allem in Asien und Afrika erwächst, ist auch klar, dass diese Regionen ihre eigenen Lösungen suchen und finden müssen. Nur nebenbei: wenn es die entwickelten Länder ernst meinen mit ihrer Aussage, wieder vermehrt in den eigenen Ländern zu produzieren und weniger aus Schwellen- und Entwicklungsländern zu importieren, wird auch der Energiebedarf da weiter wachsen. Für eine detaillierte Studie siehe: Renewable, Latest in Renewable Energy,- RE to be the fastest growing energy source over next 30 years: BP (reglobal.co)
Grundlastversorgung
Für eine Grundlastversorgung stehen CO2 Primär-Energien (Kohle, Öl und Gas), die Wasserkraft, Geothermik und die Atomkraft zur Verfügung, wobei man von den CO2 Primär-Energien wegkommen will. Energiegewinnung aus der Wasserkraft stösst heute schon an die Limiten und soll teilweise zurückgebaut werden (Restwasser Diskussionen, Blockade von Kraftwerksausbau…). Geothermik hat ein Mauerblümchen-Dasein. Was bleibt ist die Atomkraft. Doch diese ist in Teilen Europas zu einem «no go» geworden. In anderen Teilen der Welt werden neue Anlagen gebaut, um alte Anlagen zu ersetzen und die Kapazitäten zu erweitern. Es wird sehr intensiv an verbesserten und noch sichereren Lösungen gearbeitet. Länder werden unterschiedliche Lösungen für ihren benötigten Energiemix realisieren. Die einen werden erfolgreicher sein im Befriedigen ihrer Bedürfnisse als andere. Zukünftige Generationen werden die Situation neu beurteilen und wenn nötig korrigieren müssen. Ich befürworte eine breite Aufstellung beim Energiemix, um bei Problemen flexibel reagieren zu können. Ich wiederhole mich, wenn ich das Statement meines chinesischen Kollegen nochmals erwähne: «Wir diskutieren nicht welche Energie, sondern nur wieviel wir von jeder brauchen»!
In den letzten zwei Berichten bin ich nicht tiefer auf die Atomenergieerzeugung eingegangen. Im Folgenden stelle ich die aktuelle globale Entwicklungssituation dar. In einigen Ländern Europas ist dies zu einem verdrängten Thema geworden. Wer es aufwirft wird ausgestossen.
Kernenergie
Wie oben dargestellt ist mit Sonnen- und Windenergie mit grosser Wahrscheinlichkeit keine sichere konstante globale Energieversorgung möglich, vor allem auch, weil Strom nicht gespeichert werden kann. Zwar gibt es Ideen zu diesem Problem, aber noch keine technischen Lösungen. Da der Ausbau der Wasserkraft beschränkt ist und Geothermik ein Nischendasein fristet, steht zurzeit nur die Atomenergie als eine CO2 neutrale Energie zur Verfügung. In den aktuellen globalen Projektionen steht der Anteil von Atomenergie mit einem Anteil von zirka 5% - 8%. Die Anteile können sich aber je nach technologischen Durchbrüchen rasch ändern.
Während in einigen europäischen Ländern der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen ist, laufen im Bereich Atomenergie neue Projekte in vielen Ländern der Welt. Hauptsächlich geht es dabei um:
Kernfusion
Seit Jahrzehnten wird intensiv geforscht, wie man den Fusionsprozess der Sonne im Kleinen auf der Erde nachbauen und damit in einem Fusionsreaktor saubere Energie in grossen Mengen produzieren kann. Die Fortschritte sind langsam, und gewisse Kreise zweifeln,
ob ein erfolgreicher Abschluss möglich ist. In den nächsten 10 Jahren will man die Realisierbarkeit in grossen Versuchsanlagen testen. Bei positivem Verlauf kann eine Industrialisierung bis 2050 erwartet werden.
Das grösste Projekt ist
das internationale ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) Projekt. Dieses wird von 35 Staaten getragen, darunter EU, USA, China, Russland, Indien und auch ein wenig von der Schweiz. ITER plant und baut einen grossen Versuchsreaktor in Südfrankreich.
Nach jahrelanger Planung wurde dieses Jahr mit der Montage des Reaktors begonnen. Man hofft, ab 2025 die ersten Versuche zu fahren. Die aktuelle Kostenplanung liegt bei 20 Milliarden EUR, dürfte schlussendlich aber bei rund 30 Milliarden liegen.
Daneben forschen einige Länder auch selbständig mit nationalen Projekten.
China hat ein langfristiges Programm. Sie haben den J-TEXT, HL-2M und den EAST (Experimental Super Conducting Tokamak) gebaut und darin für kurze Zeiten Fusionsprozesse erreicht. Auf der Basis dieser Erfahrungen haben sie das Projekt CFETR (China Fusion Reactor Engineering Test Reactor) gestartet. Auf der Basis der ITER und der CFETR Resultate soll dann ein Testreaktor PFPP entwickelt und gebaut werden. Der soll zur Validation der nachfolgenden Serie Anlagen verwendet werden.
Auch verschiedene Firmen und Universitäten in den USA und England haben parallel zum ITER Projekt ihre eigenen Projekte. Sie bauen weitere «Kleinanlagen», um andere Formen des Fusionsraumes zu testen. Von aussen scheinen die einzelnen Projekte aber nicht stark koordiniert zu sein.
Grossanlagen der Generationen 3 und 3+ (grösser als 700 MWe)
Zurzeit sind global etwa 450 Kernkraftwerke im Betrieb. In Europa werden in den nächsten Jahren einige vorzeitig abgeschaltet, weil die Regierungen nach dem Seebeben mit Tsunami in Fukushima den Ausstieg beschlossen haben. Im Rest der Welt werden neue Anlagen gebaut, um Reaktoren der ersten und zweiten Generation durch modernere und grössere zu ersetzen oder die Stromproduktionskapazitäten weiter zu erhöhen. Zurzeit befinden sich über 50 neue Werke im Bau, die meisten davon in China, Indien, Russland, Korea und Osteuropa. Es gibt einige Länder, die neu in den Kernbereich einsteigen, so die Türkei (geplant 12, davon 3 im Bau), Pakistan, Bangladesch, VAE (Emirates), Iran - siehe auch die Aufstellung unten, von Mai 2020.
Alle diese neuen Anlagen gehören zur Generation 3+ mit unter anderem wesentlich erhöhten Sicherheitsstandards. Zum Beispiel muss die Restkühlung nach der Notabschaltung ohne fremde Energie möglich sein. Das Problem in Fukushima war der Ausfall der Kühlpumpen, weil nach dem Tsunami das gesamte regionale Stromnetz ausgefallen war.
Zurzeit arbeitet man weltweit an 12 Varianten der Generation 3+. Die Übersicht unten zeigt jeweils das Heimatland der projektleitenden Firmen. Einige Reaktoren dieser Generation sind in den letzten 3 Jahren ans Netz gegangen, wie zwei EPR Werke in China, ein AP1000 Werk in China und das HPR1000 Werk in China. Bis Ende 2021 gehen weitere 16 Anlagen ans Netz.
Am 28. November 2020 ging in China das erste in China entwickelte Atomkraftwerk Hualong One (HPR1000) als 5.Reaktor des Kernkraftwerkkomplexes in der Fujian Provinz ans Netz. Die Anlage ist eine chinesische Weiterentwicklung auf der Basis der unter Lizenz von Frankreich und den USA schon in China gebauten Reaktoren.
Jahr für Jahr kommen weltweit weitere Anlagen dazu. Aus heutiger Sicht wird sich die Zahl der Werke bis etwa 2040 insgesamt auf zirka 600 erhöhen, wobei diese Zahl je nach Entwicklung der Technik und des Bedarfes variabel ist. China hat etwa 80 zusätzliche Werke in aktiver Planung, dazu kommen etwa Standortplanungen für weitere 100 Werke, für den Fall, dass der Bedarf dies erfordert.
Advanced small modular reactor SMR (Kleine Modulare Reaktoren - Kleiner als 450 MW)
Im Bereich kleiner und mittlerer Reaktoren gibt es zurzeit weltweit um die 80 Projekte. Die grösseren können ganze grössere Städte versorgen, die kleinen werden eher in abgelegenen Orten für spezielle Anwendungen zum Einsatz kommen. Seit Jahrzehnten sind ähnliche Reaktoren in U-Booten, Eisbrechern und Flugzeugträgern auf den Meeren im Einsatz. Russland versorgt seit einigen Monaten mit einem schwimmenden Reaktor (KLT-40S) in einer Flussmündung in Sibirien eine ganze Stadt. China hat ein fortgeschrittenes Projekt zur Energieversorgung auf Inseln im Südchinesischen Meer. Die meisten sollen als Module entwickelt und in Fabriken gebaut werden. Entsteht in einer Region ein dringender Bedarf, muss man nicht mehr jahrelang entwickeln, sondern kann ab Werk liefern. Vielleicht wird dies die Rettung sein für zukünftige Generationen, die von ihrer Vorgänger-Generation keine genügende Energieversorgung bereitgestellt bekommt.
Es gibt auch die Ideen, Kraftwerkcluster aus Sonnen- oder Windanlagen und kleinen Atomanlagen zu bauen, um kombiniert eine stabile Versorgung von Strom zu sichern, Heiz- oder Kühlwasser zu erzeugen oder Frischwasser aus Meerwasser zu gewinnen.
In der folgenden Übersicht sind die laufenden Projekte dargestellt, viele davon noch in der Planungs- und Entwicklungsphase, andere im Bau oder bereits in Betrieb.
Schlussbemerkung
Eine der grossen Aufgaben für die heutige und künftige Generationen wird es sein, eine genügende Energieversorgung sicherzustellen. Dabei auf Energiesparen zu setzen, wie das gewisse Kreise hauptsächlich in Westeuropa fordern, ist illusorisch. 9 bis 10 Milliarden Menschen auf unserem Globus wollen nicht eine Welt mit einem spartanischen Energieangebot. Die globale Entwicklung zeigt, dass in den meisten Weltregionen eine technologische Lösungsstrategie gefahren wird, auch unter der Nutzung der Atomenergie.
Ein Hauptargument gegen die Atomenergie ist die unbeantwortete Frage des langfristigen Umgangs mit den radioaktiven Abfällen. Ideal wäre die weitere Nutzung dieser Stoffe in Reaktoren, die den Spaltungsprozess unter Ausnutzung der verbleibenden Energie fortsetzen. An Lösungen in dieser Richtung wird gearbeitet. Für die nächsten Jahrzehnte stehen gesicherte Zwischenlager zur Verfügung. Nach Möglichkeiten, wie radioaktive Abfälle endgelagert werden könnten (über Jahrtausende), wird gesucht und geforscht. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass solange eine gebildete Gesellschaft auf der Erde lebt, diese auf ungeplante Naturereignisse reagieren wird. Aus meiner Sicht ist die Problematik zu weit entfernt, um ein Moratorium auszusprechen. Ein solches müsste dann auch gelten für die radioaktiven Abfälle aus Nicht-Energie- Anwendungen, z.B. im Gesundheitswesen.
Westeuropa lebt in einer sozial abgesicherten Wohlfühlzone. Wenn deren Pfeiler wegbrechen wird sich die Meinung zu Energiefragen auch wieder ändern. Die USA unter dem neuen Präsidenten Biden werden die Energiepolitik der Staaten ändern, auch mit Nutzung der Kernenergie. Das zeigt unter anderem der Bericht im Spiegel Atomkraft: Joe Biden plant neue, kleine Kernkraftwerke für die USA - DER SPIEGEL, der auch die Zweifel der Deutschen widerspiegelt. Die Deutschen können nicht glauben, dass ihre «Vorreiterrolle» ins Leere laufen könnte. Aber andere haben wahrscheinlich die besseren Konzepte.
So bleibt meine Botschaft: Setze auf viele Alternativen und nicht nur auf die enge Definition von «Alternativenergie» Sonne und Wind und Technikfeindlichkeit!
Neueste Kommentare
20.05 | 16:23
Besser habe ich noch keine der vielen Erklärungen zur Blockchain Technologie und den Kryptowährungen berstanden als die obige! Vielen Dank - Ruedi
16.12 | 11:03
Lieber Bernhard - Hab Dank für diesen sehr Informativen Erfahrungsbericht! Vieles was Du beschreibst, deckt sich mit meiner eigenen Berufserfahrungen. Im In- sowie vor allem auch im fernen Ausland!
03.10 | 09:36
Super die Bilder und die Berichte. Wir verfolgen eure Reise mit Interesse. Einige Orte sind mir noch in bester Erinnerung.
Liebe Grüsse
Toni und Erika
02.10 | 08:00
Hallo zusammen. Wir lesen euren Blog mit viel Interesse da wir all die Orte auf unseren 4 Costa Rica 🇨🇷 Reisen kennengelernt haben. Ein wunderschönes Land mit prächtiger Natur. Gute Weiterreise. Lisbet