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Wer hat Zugriff? – Wem gehören sie? – Wohin läuft die Entwicklung?
In einem der letzten Aufsätze habe ich unter dem Thema Pressefreiheit eine Lanze für einen individuellen Freiraum gebrochen. Im folgenden zeige ich, dass der eingezäunte Privatgarten aber immer kleiner und durchlässiger wird. Viele Leute lassen das Gartentor auch freiwillig sehr weit offen oder lassen sich Schlupflöcher in den Zaun schneiden. Dann gibt es viele Neugierige, die über die Gartenmauer schauen, die Zaunmaschen vergrössern, und die Frechen, die unter dem Zaun durchfressen.
Das Schmiermittel der zweiten industriellen Revolution vor gut 100 Jahren war das Erdöl. Um sich den Zugang zu sichern, wurden von vielen Seiten alle politischen Mittel ausgeschöpft und mehrere Kriege geführt. Die jetzt anlaufende vierte industrielle Revolution (die dritte war die Einführung der EDV) lebt von den Daten, von vielen Daten, und der Kampf darum, insbesondere auch über die persönlichen Daten, ist voll entbrannt. Bis vor wenigen Jahren waren Daten von einem «Durchschnittsmenschen» flüchtig - vergleichbar mit dem Text im Schlager von Howard Carpendale von 1975: Deine Spuren im Sand, die ich gestern noch fand, hat die Flut mitgenommen …. Vor 45 Jahren hat vieles, das man im Leben tat, keine oder nur kurzlebige Spuren hinterlassen. Das hat sich weltweit geändert. Wir hinterlassen Millionen von «versteinerten» Spuren, die nicht vom nächsten Windstoss oder der nächsten Welle ausgelöscht werden.
Ein Beispiel
Ein kleines Beispiel einer eigenen Datenspur zur Einleitung. Wenn ich Helen am Flughafen in Izmir abhole, hinterlasse
ich schon einen grösseren Fussabdruck, ohne dass ich bei Facebook, Instagram, etc. registriert bin, oder diese Sozialen Medien nutze. Meine Spur sieht wie folgt aus:
Dies ist ein kleines Beispiel dafür, wie heute eine unbedeutende alltägliche Tätigkeit mehr als ein paar Spuren im Sand hinterlässt, und diese werden in Zukunft auch bei uns noch einiges breiter, tiefer und dauerhafter
werden. Ich gehe davon aus, dass vielen Personen nicht bewusst ist, wo sie überall Marken hinterlassen.
Viele glauben, das sei nur in China der Fall. Dort wird viel offener kommuniziert, dass der Staat die Kontrolle über die Daten hat und
sie auch nutzt. Aber wer seine Ohren spitzt, hört, dass auch die westlichen Staaten weltweit auf den vielen globalen Datenleitungen sitzen.
Die Geheimdienste der «Five Eyes» (USA, Kanada, England, Australien, Neuseeland) arbeiten seit
dem 2. Weltkrieg eng zusammen und haben die weltweite Kommunikation an vielen Knotenpunkten angezapft. Kürzlich kam der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) in die Schlagzeilen, weil das deutsche Verfassungsgericht entschieden hat, dass der BND sich
auch im Ausland an die deutschen Gesetze halten muss. Es hat sich nämlich eingebürgert, dass westliche Geheimdienste im Ausland abhören, um die Datenschutzgesetze der eigenen Länder auszuhebeln (siehe auch unten).
Ein Grossteil des
globalen Zahlungsverkehres läuft über SWIFT Zentren. SWIFT ist eine europäische Organisation mit dem Hauptsitz in Brüssel. Die Organisation musste einwilligen, dass die US-Geheimdienste die Daten überwachen dürfen. Damit kontrollieren
die USA den gesamten globalen Zahlungsverkehr. Diese zentrale globale Kontrolle des Datenverkehrs verteidigen die USA mit aller Gewalt und vielen Tricks.
Insbesondere in Europa findet eine intensive Diskussion über den allgemeinen und persönlichen
Datenschutz im Zeitalter von «Big Data» statt. In meinem früheren Artikel «Alle Freiheiten für mich….» habe ich einen gewissen persönlichen geschützten Datenraum gefordert. Die nachfolgenden Ausführungen
zeigen, dass dies in der Praxis eine schwer erfüllbare Forderung ist.
Einerseits verlangen wir den Schutz der persönlichen Daten, andererseits nutzen wir ohne grosse Gedanken persönlich viele Anwendungen zur Verbesserung unseres Komforts.
Daneben nutzen die Staaten, Serviceprovider und viele Organisationen unsere Daten zur Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen, der Rationalisierung von administrativen Abläufen, und erschliessen sich auf der Basis der grossen Datenmengen neue Geschäftsfelder.
Auch erwarten wir als Gesellschaft, dass Verbrechen und Terroranschläge im Vorfeld gestoppt werden sollen, das heisst bevor sie ausgeführt werden. Die Gesellschaft erwartet umfassenden Schutz und Sicherheit. Sicherheit wird heute zu einem Supergrundrecht
hochstilisiert. Dies ist aber nur mit umfangreichen staatlichen Überwachungen möglich. Dies führt zu einer sprichwörtlichen Quadratur des Kreises. Der Geist der IT-Datenüberwachung ist heute aus der Flasche, und den bringt man nicht
mehr hinein, weder organisatorisch noch technisch. Rechtlich kann man sich noch etwas vorgaukeln, aber praktisch wird jemand, der die Daten braucht oder will, Wege finden sie zu bekommen. Erschwert wird eine Datenschutzlösung dadurch, dass die Daten global
sind. In verschiedenen Gesellschaften und Kulturen hat der persönliche Datenschutz einen anderen Stellenwert bzw. Wichtigkeit.
Persönliche Daten
In welcher Form gibt es Daten von mir, und wo überall können
sie gespeichert sein?
Hast du dir schon überlegt, wo Daten von dir herumliegen oder wahrscheinlich vorhanden sind?
Datenspuren
Daten sind nicht nur gespeichert, sie werden auch herumgeschoben. Während dem Transport sind sie am einfachsten zu kapern. Die Situation ist gleich wie vor hundert oder 200 Jahren im wilden Westen - überall warten
Wegelagerer auf Beute, die einfacher oder aufwendiger zu stehlen ist.
Das Gedächtnis des Internets und das anderer elektronischer Dienste ist unendlich.
Meine Daten im Netz
Persönlichen Daten im Netz oder allgemein in der Öffentlichkeit kann man wie folgt gruppieren:
IoT Internet of Things, Industrie 4.0, autonomes FahrenNicht nur in der Industrie 4.0 hat bald jede Maschine oder jedes Gerät eine permanente oder temporäre Verbindung zum Internet, sondern immer mehr auch im täglichen Leben unter dem Begriff «Internet of Things» IoT (Hausgeräte, Freizeitgeräte, Arbeitsgeräte, …). Der Aufwand, die nicht personifizierten IoT Daten mit den Personendaten von Personen, die in der Nähe sind, zu verknüpfen, sind technisch keine hohen Hürden. Wie in einem vorhergehenden Aufsatz dargestellt, wird beim zukünftigen automatischen Fahren auf die Daten aller Verkehrsteilnehmer im näheren Umfeld des Fahrzeuges zurückgegriffen.
Umgang mit Daten
Viele Menschen,
speziell in Europa, machen sich einerseits Sorgen bezüglich der Datensicherheit, gehen andererseits sehr sorglos bei der Nutzung der verfügbaren Dienste (Facebook, Instagram, …) um. In meinem Verständnis sind sich die wenigsten über
all die Datenabgriffe und Verknüpfungen im Hintergrund im Klaren. Man verlangt und erwartet Datenschutz und geht persönlich sehr fahrlässig mit seinen Daten im Netz um.
Eine echte Löschung der Daten ist in vielen Fällen kaum möglich. Löschen heisst oft, der normale Zugriff ist gesperrt, die Daten liegen aber noch irgendwo für Jahre in einer Datei im System. So wie im Strafregister ein Eintrag, der nach ein paar Jahren erlischt, mit dem Vermerk «gelöscht» weiter vorhanden ist. Das heisst nur, der Eintrag darf juristisch im Rahmen von Strafverfolgung nicht mehr genutzt werden.
Rechtliche Grundlagen des privaten Datenschutz
Der Schutz des Privatlebens ist international in sehr offenen
Gesetzen geregelt. Hier einige Beispiele:
Im Zusammenhang mit der heutigen schnellwachsenden digitalen Datenwelt will man den Bereich private Daten gegenüber öffentlichen Daten besser schützen. Wie schon oben erwähnt wird dies, in einer Zeit der kompletten Digitalisierung, einer Quadratur des Kreises gleichen, denn:.
Datenschutz
Die
Datenverwendung kann gesetzlich geregelt und Verstösse dagegen strafrechtlich verfolgt werden. Der Aufwand für einzelne, kleine nicht korrekt verwendete persönliche Daten auf internationaler Basis einzuklagen, wird aufwendig sein, so dass man
es in der Regel bleiben lässt. Durch gute Firewalls und Datenverschlüsselung kann der nicht zulässige Zugriff teilweise verhindert werden. Aber viele Leute scheuen den Aufwand oder scheitern dabei technisch. Eine absolute Sicherheit gibt es
nicht, denn clevere Köpfe knacken immer wieder die Sicherungen.
Überwachung im öffentlichen Raum
Viele Länder überwachen den öffentlichen Raum mit aufwendigen Systemen grossräumig. Nach den Terroranschlägen
zu Beginn des Jahrtausends wurden in vielen Städten die Systeme grosszügig ausgebaut. Schwerpunkte sind das öffentliche Verkehrswesen, Kaufhäuser, Geschäfte im Luxusgüterbereich, Kreuzungen, Polizeieinrichtungen, öffentliche
Infrastruktur .
Oder geographisch dargestellt. Der Westen will die restlichen 90 % der Weltbevölkerung kontrollieren und wehrt sich dagegen, wenn andere etwas ähnliches tun.
Gesellschaftliche, evolutionäre und philosophische Betrachtung
Privater Datenschutz - Schutz des Privatlebens – weitere Evolution der Menschheit
Wie schon mehrmals erwähnt steht in der westlichen abendländischen Kultur das einzelne Individuum im Zentrum der Gesellschaft. Dies führt im Zeitalter des rasend schnellen Aufbaus von globalen Datennetzwerken mit vielen, auch persönlichen Daten, zu einer gewaltigen Herausforderung. Das einzelne Individuum wird nackt.
Für Kulturen, in denen die Gemeinschaft einen höheren Stellenwert hat als das Individuum, ist diese Herausforderung kleiner, z.B. in Asien.
Seit Darwin gilt als gesichert, dass sich das Leben auf dieser Erde über Jahrmillionen evolutionär
entwickelt hat. Zuerst waren sehr einfache Lebewesen, z.B. Einzeller, dann entstanden Lebewesen mit ganz wenigen Zellen. Über tausende Evolutionsschritte entstand schlussendlich der Homo Sapiens. Was ist der nächste Schritt? Vor hundert Jahren hat
Pierre Teilhard de Chardin daraus geschlossen, dass wir nicht davon ausgehen können, dass die Evolution mit dem heutigen Menschen abgeschlossen ist.
Nach Teilhard de Chardin werden sich viele Menschen in der Noosphäre verbinden und zu einer
grösseren und höheren Einheit vernetzen. Die Evolution strebt nach seinen Worten auf einen fernen Omegapunkt zu. Der einzelne Mensch wird zu einer «Zelle» in einer grösseren Struktur. Der Aufbau der globalen Informationsnetzwerke
und die technische Nachrüstung des Menschen zum Cyborg weist in diese Richtung. Ob wir in diesem Falle noch von einer persönlichen Freiheit sprechen können ist zweifelhaft. Ob sich eine Zelle oder ein Organ in meinem Körper persönlich
frei fühlt, kann ich nicht beurteilen, manchmal machen sie jedenfalls was sie wollen. Wenn wir an die natürliche Evolution denken, die über Jahrmillionen immer komplexere Gebilde entwickelt hat, stellt sich die Frage, wie geht diese weiter?
Vielleicht ist die Entwicklung, das Individuum in den Mittelpunkt zu stellen, eine Entwicklung in eine Sackgasse. Kürzlich habe ich eine Studie gelesen, die behauptet, ein ähnlicher Grund sei für das Aussterben des Neandertalers schuld. Dieser
war nämlich grösser als der homo sapiens und das Gehirn war 20% grösser als unser heutiges. Der homo sapiens habe aber dank der stärkeren sozialen Bindung der Gemeinschaft die Oberhand bekommen und deshalb überlebt.
Für uns bleibt viel Raum für interessante Diskussionen und Spekulationen. Ein Zurück zur «guten alten Zeit» ist kaum oder nicht möglich. Wir müssen uns mit der Zukunft arrangieren.
Neueste Kommentare
20.05 | 16:23
Besser habe ich noch keine der vielen Erklärungen zur Blockchain Technologie und den Kryptowährungen berstanden als die obige! Vielen Dank - Ruedi
16.12 | 11:03
Lieber Bernhard - Hab Dank für diesen sehr Informativen Erfahrungsbericht! Vieles was Du beschreibst, deckt sich mit meiner eigenen Berufserfahrungen. Im In- sowie vor allem auch im fernen Ausland!
03.10 | 09:36
Super die Bilder und die Berichte. Wir verfolgen eure Reise mit Interesse. Einige Orte sind mir noch in bester Erinnerung.
Liebe Grüsse
Toni und Erika
02.10 | 08:00
Hallo zusammen. Wir lesen euren Blog mit viel Interesse da wir all die Orte auf unseren 4 Costa Rica 🇨🇷 Reisen kennengelernt haben. Ein wunderschönes Land mit prächtiger Natur. Gute Weiterreise. Lisbet