Xinjiang: Update nach dem OHCHR Bericht vom 31. August 2022

Zehn Minuten vor Mitternacht am 31. August 2022, also zehn Minuten bevor ihr Mandat endete, stellte Michelle Bachelet den Untersuchungsbericht «OHCHR Assessment of human rights concerns in the Xinjiang Uyghur Autonomous Region of the Peoples Republic of China» ins Netz - ohne jegliche Präsentation. Gemäss der Geschäftsordnung hätte vorgängig eine Diskussion im «Human Rights Council» stattfinden sollen. Der Council besteht aus 47 Ländervertretern (Afrika 13 Sitze, Asien-Pazifik 13 Sitze, Lateinamerika und Karibik 8 Sitze, Westeuropa und andere Staaten 7 Sitze und Osteuropa 6 Sitze). Im Vorfeld fand ein erbitterter Kampf bezüglich der Veröffentlichung des Berichtes in der vorliegenden Form statt. Der Westen, speziell die USA, drängte auf eine Veröffentlichung in der vorliegenden Form, mehrere Länder sprachen sich öffentlich dagegen aus. Eine Zustimmung im Council wäre fraglich gewesen. Das lässt vermuten, dass sich Frau Bachelet entschied, den Bericht nicht diskutiert und ungenehmigt als letzte Amtshandlung ins Netz zu stellen. Motto: auf und davon.

Minuten danach stellten viele Staaten fest, dass ihre eigene, schon lange verkündete Sicht der Situation in Xinjiang, die richtige sei und der OHCHR Bericht diese bestätige! Eine seriöse Analyse hat bei manchen innerhalb weniger Stunden sicher nicht stattgefunden.

Hier nochmals zwei Links von früheren «Xinjiang»-Aufsätzen von mir, der offizielle OHCHR Abschlussbericht und der zugehörige Kommentar der Provinzregierung von Xinjiang vom August 2022

Xinjiang - www.freiermuth-ilica.ch  Mein Bericht März 2020

xxxxxx (ohchr.org)  OHCHR Abschlussbericht August 2022, 46 Seiten

ANNEX_A.pdf (ohchr.org) Bericht der Regierung von Xinjiang zu den Anschuldigungen der OHCHR vom August 2022, 121 Seiten

Ich empfehle, die veröffentlichen Kommentare und Statements verschiedener Staaten mit dem Originalbericht der OHCHR zu vergleichen. Dieser stellt teilweise fest, dass aufgrund von Indizien Verstösse vorliegen könnten. Belegbare Tatsachen fehlen vielerorts. Der Vorwurf von Genozid und Völkermord ist nirgends zu finden.

Der Bericht vom OHCHR vergleicht die gefundenen Erkenntnisse mit den diversen UN Standards im Bereich Menschenrechte, Arbeitsrecht, Standards der Rechtsprechung, etc. Zum Teil bezieht sich der Bericht auf Standards, die von der PR China nicht oder noch nicht ratifiziert sind. 

China bezieht sich in der Antwort auf die in ihrem nationalen Recht übernommenen Gesetze und Standards.

Wie schon in früheren Berichten erwähnt, sind die Menschenrechte aus meiner Sicht idealisierte Vorgaben. Diese basieren auf westlichen Gesellschaftswerten und wurden nicht den Wertvorstellungen anderer Kulturen angepasst. Insbesondere fehlen neben den individuellen Rechten die Rechte der Gemeinschaft/Zivilgesellschaft und die Pflichten des Individuums gegenüber der Gesellschaft. Die Einhaltung der Pflichten gegenüber der Gesellschaft ist in vielen Gesellschaften ebenso bedeutend.

Beanstandungen des OHCHR

Die Definitionen «Terroristische Aktivitäten» gemäss chinesischem Recht sind in Paragraf 18 und folgende Paragrafen des Berichtes aufgelistet. Das OHCHR beanstandet, dass diese als teilweise zu weit gefasst seien und zu viel Interpretation für die Polizei und die Gerichte zulasse.

Die Beanstandungen können in zwei Hauptbereiche aufgeteilt werden

  1. Bereiche, die für ganz China gelten und deshalb nicht Xinjiang spezifisch sind (Allgemeine Gesetze)
  2. Bereiche, die für Xinjiang mit dem dort vorhandenen extremen islamischen Fundamentalismus gelten (Notstandsgesetze)

Beanstandete Punkte, die in ganz China gelten.
China hat in einigen Bereichen Regeln und Gesetze eingeführt, die den westlichen Auffassungen und auch der wörtlichen Auslegung der Menschenrechte widersprechen.
Das unkontrollierte Bevölkerungswachstum hat gezeigt, dass Entwicklungs- und Schwellenländer nicht auf eine Verbesserung des Lebensstandards kommen, wenn sie das grosse Bevölkerungswachstum nicht unter Kontrolle haben. Produktivitätsfortschritte werden mehr als aufgefressen, die Bevölkerung verarmt. China hat nach Mao die strenge Massnahme der Ein-Kind-Politik ergriffen, um diese Problematik zu lösen. Was es heisst, nichts zu machen, habe ich in den Grossstädten auf den Philippinen und Südostasien mit eigenen Augen gesehen. Die Menschen leben unter menschenunwürdigen Umständen. In Südasien, Afrika und Südamerika gibt es viele ähnliche Beispiele.

Auch gibt es viele Beispiele, dass Staaten mit vielen Volksstämmen, Kulturen, Religionen, Sprachen politischen Systemen unstabil sind. Unter Kultur fallen traditionelle, über Jahrhunderte gewachsene Kulturen, aber auch die aufkommenden modernen Kulturen des Postmodernismus wie LGBQTIA+, Woke, Queer, Gender, Feminismen, Critical Race, etc. Aus meiner Sicht funktioniert «Multi-Kulti light», man geniesst fremde Küchen, fremde Alltagssprachen, kulturelle fremde Anlässe als Unterhaltung. Aber «Multi-Kulti hard» funktioniert nicht. Das heisst, man akzeptiert komplett andere Lebensweisen und ihre Ausdrücke im eigenen nahen Umfeld nicht. Man bekämpft sie in der Gesellschaft, auf der Strasse und in der Politik. Wie eine liberale Demokratie in einer solchen kleinstrukturierten vermischten Gesellschaft funktionieren soll, weiss ich nicht. Der Westen muss dies erst noch beweisen und gute Beispiele liefern. China strebt eine einheitlichere Gesellschaft an.

Nun einige wenige Worte zu den all China Themen in Kurzform:

  • Ein-Kind-Politik und staatliche Geburtenkontrolle
    Mao Tse Dong hat noch die Politik verfolgt, ja mehr Bürger, umso mehr Soldaten haben wir. Der Lebensstandard war Nebensache. Katastrophen waren vorprogrammiert. Deng Xiaopings Ziel war auch, den Lebensstandard zu erhöhen, und dies ging nur dadurch, dass der Produktionsfortschritt grösser als das Bevölkerungswachstum war. Als Instrument wurde die Ein-Kind-Politik eingeführt. Jede Familie durfte nur noch ein Kind haben. Im städtischen Umfeld wurde dies sehr strikt umgesetzt, auch mit erzwungenen Abtreibungen. In fernen ländlichen Gebieten wurde die Regel weniger strikt eingefordert. Für Nicht «Han» Familien (56 anerkannten Minderheiten) galten 2 respektive 3 Kinder (z.B Xinjiang) als Obergrenze. Später in den letzten Jahren wurden die Ein-Kind-Politik schrittweise gelockert. Als erstes wurde ein zweites Kind zugestanden, wenn das erste ein Mädchen war, denn eine chinesische Familie braucht einen männlichen Nachkommen. Während einigen Jahrzehnten hat sich die Gesamtbevölkerung zwischen 1,3 bis 1,4 Milliarden Einwohnern stabilisiert. Infolge des neuen Wohlstands und veränderten Lebensmodellen wollen viele Familien nicht mehr viele Kinder. Die Reproduktionsrate fiel auf 1,3 Kinder pro Frau. Nach Aufhebung der Restriktionen stieg die Reproduktionsrate, liegt aber noch stark unter 2. Neu gibt es finanzielle Anreize für das 3. Kind. Die Bevölkerung beginnt zu schrumpfen. Viele im OHCHR- Bericht erwähnten Punkte dürften heute obsolet sein.
  • Freie Wohnortwahl
    China hat die freie Wahl des Wohnortes durch Regeln eingeschränkt. Bahn-, Strassen-, Flugverkehr schafften die Möglichkeit, sich einfach in andere Landesteile zu verschieben. Eine grosse Land-Stadtflucht und die Flucht aus dem Landesinnern an die rasch prosperierende Ostküste hätte das Land in der Aufbauphase destabilisiert und musste verhindert werden. Nachdem das nahe - und ferne - Hinterland nun auch entwickelt ist, wurden viele Restriktionen aufgehoben.
  • Freie Berufswahl
    Die Berufswahl wird stark von der Bedarfsseite gesteuert. Wie früher schon erwähnt, wurden auch «meiner» Firma (JV-Unternehmen in einer schnellen Aufbauphase) ganze Klassen von Berufsschülern für das Praktikum zugeteilt in der Erwartung, dass ein grosser Teil von ihnen durch die Firma direkt übernommen wird. Die vorgängige Zuordnung zu den Berufsschulen wurde wahrscheinlich ähnlich gesteuert. Dass 80% der Praktikanten dann eine feste Anstellung bekamen, war keine Seltenheit. Nach einigen Jahren testen dann die jungen Mitarbeiter den Arbeitsmarkt für sich selbst.
  • Freie Religionsausübung
    China ist ein säkularer Staat und duldet keine starken, vom Staat unkontrollierten religiösen Organisationen. Die weit verbreitete Hauptreligion ist der Buddhismus, der keine ausgeprägte staatsähnliche Organisationsstruktur aufweist. Eine Ausnahme bildet der tibetanische Buddhismus, der dadurch auch zum Konflikt wurde. Viele Chinesen gehen bei Gelegenheit in den buddhistischen Tempel und kaufen Opfergaben unter dem Motto, hilft es nicht, so schadet es sicher nicht. In vielen Provinzen gibt es kleinere oder grössere islamische Gruppen, die sich mit dem Staat arrangiert haben. Wer in Xian gut essen will, geht ins Moslemviertel. Die offizielle katholische Kirche hat ein Abkommen mit der Regierung, das dem Staat ein Mitsprachrecht einräumt. Daneben gibt es Strömungen für mehr Unabhängigkeit, diese werden unterbunden und verfolgt. Das Problem in Xinjiang entstand, als sich Teile der Uiguren dem extremen Islam anschlossen, der von den Taliban, dem IS, Al-Kaida und ähnlichen gelehrt wurde. Einige von ihnen lernten das Kriegs- und Terrorhandwerk anfangs des 21. Jh. In Afghanistan, Irak, Syrien und Nordafrika. Nach der Heimkehr griffen sie den alten Traum vom eigenen Staat Ost-Turkistan auf. Wie im früheren Bericht dargestellt gehören in Xinjiang weniger als 50% der uighurischen Volksgruppe an.
  • Freie politische Parteien
    Die KP China duldet keine starken Parteien neben sich. Es gibt kleine mit der KP assoziierte Parteien. Ich hatte auch solche Mitarbeiter in meinem Team. China hat aus seiner 4’000-jährigen Geschichte keine Tradition und Erfahrung mit politischen Parteien. Es regierte jeweils ein Kaiser zusammen mit Lokalfürsten und vielen Mandarinen in der Verwaltung. Die Mandarine kamen durch grosse staatliche Prüfungen zu ihren Mandaten und waren keiner politischen Strömung zuordenbar. Dynastien wurden, wenn sie in Ungnade vielen, durch Revolutionen und Bürgerkriege abgelöst. Konkurrierende politische Parteien würden nach meiner Einschätzung zu dauerhaften Bürgerkrieg-ähnlichen Zuständen führen. Die USA und andere westliche Demokratien steuern heute auf ähnliche Pattsituationen zu.
  • Sprache und Halal-Essen
    Die Vorwürfe kann ich nicht beurteilen. In China gibt es viele lokale chinesische Sprachen und Sprachen der Minderheiten.  Die Haupt- und Geschäftssprache ist Mandarin. Nur die Minderheitensprache zu verwenden, wird nicht akzeptiert, denn sie behindert die wirtschaftliche Entwicklung und die Einheit des Landes. Die Forderung von Minderheiten, nur ihre Sprache zu verwenden, wird als eine Provokation der Separatistenbewegung gesehen.

Xinjiang mit seinen Terrorismus-, Guerrillas- und Extremistenbewegung
Zusätzlich zu den oben erwähnten Regeln, die für die ganze PR China gelten, gibt es in der Autonomen Uiguren Region Xinjiang zusätzliche Gesetze und Regeln zur Bekämpfung von Terrorismus und Extremismus im Sinne von Notstandsmassnahmen. Diese wurden ab 2014 mit dem Aufkommen des Terrorismus schrittweise verschärft.

In meinen zu Beginn erwähnten früheren Artikeln habe ich Xinjiang im Allgemeinen (2020) und die politische Auseinandersetzung (2022) vorgestellt Xinjiang - www.freiermuth-ilica.ch Der Westen und China - www.freiermuth-ilica.ch .

Im Bericht des OHCHR wird nicht bestritten, dass es von 1990 bis 2015 in Xinjiang und in anderen chinesischen Provinzen Terroranschläge gab, die der Unabhängigkeitsbewegung für ein freies Ost-Turkistan zugeordnet werden. Diese nahmen ab 2009 stark zu und erreichten 2014/2015 einen Höhepunkt mit tausenden von Toten und Verletzten.
In diesem Rahmen verstärkte China die Abwehr- und Sicherheitsmassnahmen in der Region massiv und aktivierte den Notstand. Unter dem Begriff «Strike hard» wurden diverse Gesetze zusätzlich erlassen. Seit 2016 bis heute gibt es keinen dokumentierten Terroranschlag.  

China entschloss sich, nicht die Spitze des Eisbergs zu bekämpfen, sondern den ganzen Eisberg. Das heisst, nicht nur die, die die Anschläge durchführten, planten und unterstützten, sondern auch das Umfeld, das den Extremismus mittrug und es den Aufständischen erlaubte unterzutauchen wurden bekämpft.
Die globale Erfahrung hatte gezeigt, dass das Abknallen und Einsperren der aktiven Kämpfer, denen man habhaft wird, keine wirksamen Massnahmen sind, die das Problem lösen. Der IS, Al-Kaida, die Taliban, die Boko Haram, Al-Nusrah Front, Al-Shabaab und weitere Organisationen sind seit Jahrzehnten aktiv und werden bekämpft, ohne dass sie in den Aktivitäten und bei der Rekrutierung eingeschränkt wurden. Positiv kann man den Fall Tschetschenien erwähnen. Russland hat die Aufstände blutig und mit grossem Sachschaden niedergeschlagen, aber die Provinz zusammen mit moderaten Kräften wieder aufgebaut. Es gibt noch zwei Organisationen im Ausland, die den Anspruch auf das Land Tschetschenien fordern, aber einen begrenzten Einfluss haben. Die Provinz scheint heute ruhig zu sein.

Terrorismus kann man nur austrocknen, indem man der Bevölkerung eine wirtschaftliche gesicherte Lebensbasis bietet und eine Gesellschaft aufbaut, in der sich verschiedene Gruppen gegenseitig akzeptieren.

Nach meinem Verständnis hat China diesen Weg gewählt. China hat einerseits den ganzen extremistischen Block in Xinjiang vom Rest der Bevölkerung isoliert und sie durch ein «de-radicalization-program» und Berufsbildungsprogramm gepuscht. Wie viele die sogenannten Umerziehungslager durchlaufen haben, ist nicht bekannt. Die Uigurischen Separatisten-Organisationen sprechen von einer Million, die auch vom OHCHR übernommen wurde, ohne eine gesicherte Basis zu haben. Eine Million Einwohner von Xinjiang entspricht 4 % der Gesamtbevölkerung bzw. 9% der Uigurischen Bevölkerung in der Provinz.

Anderseits hat China riesige Infrastrukturprojekte (Autobahnen, Bahnnetz mit Hochgeschwindigkeitsstrecken, Flughäfen) realisiert, viele Industrien angesiedelt, die Landwirtschaft erweitert und automatisiert und das Schulwesen inklusive Universitätswesen stark verbessert. Dies wird auch aktiv kommuniziert. Eine konservative, rückwärtsgewandte Stammesstruktur, wie zum Beispiel in Afghanistan, wurde nicht zugelassen. Dies wäre auch im Sinne der westlichen Gesellschaften, wenn die Region nicht in China läge. Es wäre nicht das erste Mal, dass der Westen Guerrilla-Kämpfer ausbildet, die in späteren Phasen zu ihren Gegnern werden.

Der OHCHR Bericht bezieht sich stark auf die Situation in den Jahren 2017 bis 2019. Als Grundlage für den Bericht wurden einerseits «nur» 40 Interviews mit Personen ausgewertet, die einmal in Xinjiang lebten und dann ins Ausland flüchteten. Einige der Interviews seien aufgrund der COVID19-Pandemie nur telefonisch geführt worden. Aus Vertraulichkeitsgründen wurden die meisten Namen nicht publiziert.
Von den 40 interviewten Personen seien 24 weiblich und 16 männlich, darunter 23 Uiguren, 6 Kasachen und 1 Kirgise. 26 Personen davon seien Gefangene gewesen oder hätten in solchen Einrichtungen gearbeitet. Im chinesischen Bericht werden Aussagen von Drittpersonen über aktuelle Bürger in Xinjiang, die mit Namen erwähnt wurden, nach Klärung der Fälle als falsch deklariert. Es scheint deshalb auch noch alte Abrechnungen oder Gerüchte gegeben haben. Als Statistiker mache ich ein grosses Fragezeichen, ob aufgrund 40 Aussagen eine generelle Aussage über 11 Millionen Uiguren gemacht werden dürfen.

Anderseits stützen sich die Aussagen stark auf die westliche Auswertung von Satellitenaufnahmen. Deren Interpretation wird im chinesischen Bericht teilweise widersprochen, siehe chinesischer Anhang.
Vieles beruht auf Interpretation von gehörten Informationen von dritten Quellen. Aufgrund meiner zehnjährigen Vorort-China-Erfahrung kommt mir vieles vertraut und bekannt vor, das für einen aussenstehenden nicht leicht einzuordnen ist. Aus der Sicht eines westlichen Kulturverständnisses scheint vieles unverständlich zu sein.

Der Bericht fasst unter Punkt VIII Paragraf 143 bis 150 die Ergebnisse zusammen. Er bezeichnet einige Feststellungen als «Serious Human right violation» oder «Human right violation» gegenüber den OHCHR-Standards und verlangt von China zeitnahe Korrektivmassnahmen.
Es gibt auch Vorbehalte bezüglich des «Criminal law» der PR China. Die von einigen Ländern vorgebrachte Anschuldigung von Genozid und Völkermord findet man im Bericht nicht.

Es ist eine Tatsache, dass man in der chinesischen Kultur im Normalfall sehr rücksichtsvoll im Umgang mit Mitbürgern ist, insbesondere im persönlichen Umfeld, aber bei Verstössen gegen die allgemeinen Regeln ist das Vorgehen hart oder rücksichtslos bis brutal. Dies widerspiegelt sich auch in den drakonischen Strafen bis hin zur Todesstrafe.

Schlussgedanken: Menschenrechte versus Kriegsrecht bei asymmetrischen Kriegen

Für mich ist der Umgang mit Terror- und Extremistenbewegungen, die sich nicht an «Menschenrechte» halten, ungeregelt. Auch die Geschichte der letzten Jahrzehnte hat nach meiner Meinung gezeigt, dass solche grossen Bewegungen nicht bekämpft werden können bei gleichzeitiger punktgenauer Einhaltung aller Menschrechtsstandards. Das zeigt sich in vielen Konflikten wie im Tschetschenien-, Irak-, Syrien- und Afghanistankrieg sowie bei den Terroristenbewegungen in Nordafrika, der Sahelzone, den Philippinen, am Horn von Afrika, in Xinjiang, auch in Europa, usw.  In asymmetrischen Kriegen und Aufständen halten sich die Aufständischen in der Regel nicht an die Menschenrechte und bauen sich einen Schutzschild durch Forderung, die Gegenseite müsse sich an die Menschenrechte halten. Untergrundbewegungen brauchen Menschenmassen, um darin untertauchen zu können, so wie ein Fisch, der ohne Wasser bald einmal tot ist.

Es gab und gibt verschiedene Strategien, um Terrorbewegungen zu bekämpfen, aber ich kenne keinen Fall, in dem man menschenrechtskonform vorging und erfolgreich war. Zum Beispiel ist die USA übergegangen, mit Cruise-Missiles und Drohnen aus grosser Distanz ohne Gerichtprozesse Personen zu töten. Ziele sind Kämpfer, aber tote unbeteiligte Menschen werden als «Kollateralschaden» in Kauf genommen. Das Resultat ist berechtigte Wut, die den Bewegungen erst recht Zulauf von neuen Kämpfern bringt.
China hat nach meinem Verständnis eine andere Strategie gewählt. China hat die aufständischen und die unmittelbare Bevölkerung isoliert und erzwingt durch De-radikalisierung und Berufsausbildung eine neue friedlichere Gesellschaft. Die letzten Jahre scheinen eine positive Entwicklung eingeleitet zu haben, und die wirtschaftliche Entwicklung scheint eine verbesserte Lebensbasis zu schaffen. Einer konservativ-fundamentalen islamischen Gesellschaft traure ich nicht nach.  

Bemerkung
Von internationaler Gleichbehandlung von ähnlichen Fällen sind wir noch weit entfernt. Die zwei kürzlich gelesenen Bücher über die Indische Republik und insbesondere über Modis Indien zeigen mir, dass auch der indische Staat mit seiner islamischen und Nichthindu-Bevölkerung, vor allem in Kaschmir und Asam, weit von der Einhaltung der Menschenrechte entfernt ist. Aber der Westen braucht Indien, um auf China Druck zu machen. In vielen anderen Ländern könnte man auch grosse Defizite feststellen. Kürzlich habe ich einen Fernsehbericht über die US-Geheimdienste gesehen, dessen nicht einmal von der Regierung kontrollierte Aktionen in und ausserhalb der USA sind bezüglich der Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit unglaublich. Wir im Westen schauen einfach darüber weg.

Unzulänglichkeiten werden nicht besser, wenn andere ähnliches tun, aber dass alle ähnlich behandelt werden und an den Pranger gestellt werden, wäre fair.

Anderseits wird China seinen Weg unabhängig der internationalen Meinung gehen.

Neueste Kommentare

20.05 | 16:23

Besser habe ich noch keine der vielen Erklärungen zur Blockchain Technologie und den Kryptowährungen berstanden als die obige! Vielen Dank - Ruedi

16.12 | 11:03

Lieber Bernhard - Hab Dank für diesen sehr Informativen Erfahrungsbericht! Vieles was Du beschreibst, deckt sich mit meiner eigenen Berufserfahrungen. Im In- sowie vor allem auch im fernen Ausland!

03.10 | 09:36

Super die Bilder und die Berichte. Wir verfolgen eure Reise mit Interesse. Einige Orte sind mir noch in bester Erinnerung.
Liebe Grüsse
Toni und Erika

02.10 | 08:00

Hallo zusammen. Wir lesen euren Blog mit viel Interesse da wir all die Orte auf unseren 4 Costa Rica 🇨🇷 Reisen kennengelernt haben. Ein wunderschönes Land mit prächtiger Natur. Gute Weiterreise. Lisbet